Anlage 17 Festersen und die Deutschen Werkstätten
Zwischen Friedrich Festersen und den „Deutschen Werkstätten“ muss es eine fruchtbare Zusammenarbeit gegeben haben, die stark zu Festersens Bekanntheit beigetragen haben dürfte. Die Werkstätten haben der Keramik von Festersen offenbar eine große Wertschätzung entgegen gebracht. Festersen hat für die Werkstätten Keramiken produziert, die eng an das Bunzlauer Vorbild angelehnt waren und die sich von seiner anderen, heute so zahlreich erhaltenen Serie (hier als „prächtiges Pfauenauge“ bezeichnet), wie sie auch im Katalog „Gediegenes Gerät“ 1912 abgebildet ist, klar unterscheiden. Möglicherweise bevorzugten die „Deutschen Werkstätten“ eher Waren, die dem ursprünglichen bäuerlichen Stil näher waren. Grund dafür könnte die Begeisterung der Werkstätten für „Bauerntöpferei“ und das „Deutsche Gefühl“ gewesen sein. Die Umstände und der Beginn der Zusammenarbeit zwischen Festersen und den „Deutschen Werkstätten“ sind nicht bekannt. Der zeitliche Anfang der Geschäftsbeziehungen dürfte allerdings auf das Jahr 1909 oder kurz davor zu datieren sein. Robert Breuer schreibt 1909: „Ein außerordentlich schönes und wertvolles Lager unterhalten die Werkstätten in ihrer keramischen Abteilung. Sie meiden alles, was nicht zu dem besten des heute Hervorgebrachten gehört. Sie haben Niemeyer, Laeuger und die entzückenden Wiener. Sie sammeln auch alle gute Bauernkeramik und haben in der letzten Zeit die Arbeiten des Berliners Festersen in Generalvertrieb genommen.“1 Beendet hat man die Geschäftsbeziehungen wohl erst im Zuge des Ersten Weltkriegs. Wichmann (1992) listet Festersen neben zahlreichen anderen, an Keramikern u.a. Max Laeuger und Richard Mutz, als künstlerischen Mitarbeiter bis zum 1. Weltkrieg (ohne weiteren Angaben). Ursächlich für das Ende der Geschäftsbeziehung könnte dieser von Arnold (1993) beschriebene Umstand gewesen sein: „Zu Beginn des Jahres 1914 hatten die Deutschen Werkstätten eine sehr gute, solide Auftragslage. Nach Ausbruch des Krieges änderte sich die das. Bestehende Aufträge wurden storniert, neue blieben aus, besonders bei der Möbelherstellung. 1915 verzeichnete man einen größeren Verlust, 1916 dagegen einen guten Gewinn. Der Möbelverkauf hatte sich wieder belebt. Die Fabrikation war jedoch inzwischen fast ausschließlich auf die Herstellung von Gegenständen für die Heeresverwaltung und die direkte Kriegswirtschaft eingestellt.“2 Es ist anzunehmen, dass man auch keinen Bedarf mehr an Kunstkeramik hatte. Umso erstaunlicher, dass die Festersentöpferei diese Krise meistern konnte und das, obwohl Friedrich 1915 starb, und Andreas ebenfalls nicht mehr verfügbar war. Die „Deutschen Werkstätten“ hatten keine eigene Keramikwerkstatt sondern nahmen andere Hersteller in ihr Programm auf. Der Kunde sollte in dem Verkaufsangebot gleich die passenden Dekorationsobjekte für seine Einrichtung angeboten bekommen. Festersen-Keramik muss den Werkstätten gut in ihr Konzept gepasst haben, sonst hätten sie nicht in ihrem Verkaufskatalog „Kleingerät“ um 1909 der Festersenkeramik 9 Seiten mit 59 Stücken, überwiegend Vasen, aber auch Krüge, Schalen, Waschset (Krug, Schale, Seifenschale), Satzkrüge, Bowle und Deckeldosen gewidmet.3 Der Katalog hatte 100 Blätter mit 196 Abbildungen. Abgebildet sind 546 Objekte u.a. von A. Niemeyer, M. Laeuger, Ruskin-Pottery, M. Powolny, ....und weitere.4 Neben Keramik von Festersen wurden im gleichen Katalog auch welche von Kurt Feuerriegel, Max Laeuger und steirische Keramik (sowie Westerwälder Steingut von Riemerschmid?) angeboten. Es gab bereits einen Katalog „Kleingerät“ von 1907, dort ist keine Festersenkeramik vertreten gewesen. Ein Kleingerät-Kataloge von 1908 existierte auch, 1911-1914 sind nicht erhalten oder gab es gar nicht (unseres Wissens nach, siehe Quellenliste bei Rezepa-Zabel und Arnold 1993). In den Verkaufsräumen wurde auch Keramik von J.J. Scharvogel, Richard Riemerschmid, Adelbert Niemeyer und der Ruskin Pottery gezeigt (Wichmann 1992, S. 19). Auch Mutz (Arnold 1993). In „Deutsche Kunst und Dekoration“, die mehrere Abbildungen aus dem Katalog „Kleingerät“ abdruckte, ist vermerkt: Generalvertrieb „Deutsche Werkstätten“. Manche Autoren deuten dies als Hinweis, dass ausschließlich die „Deutschen Werkstätten“ Festersen Keramiken vertrieben (Exklusivvertrieb, Rezepa-Zabel, S. 80). Generalvertrieb als Begriff meint lediglich: Hat die Oberaufsicht über den Verkauf und bezieht sich mit großer Wahrscheinlichkeit nur auf die im Katalog dargestellten Waren. Hugo Lippmann dürfte schon von Anfang an als Vertreter für Festersen tätig gewesen sein und ab 1912 gab es mit dem Dürerbundkatalog einen weiteren Verkaufskatalog. Einen schönen Einblick gibt ein Foto, das den Blick in den Verkaufsraum für Keramik der „Deutschen Werkstätten“ um 1912 zeigt: Im Hintergrund stehen im Regal unten und obenauf: Festersenkeramiken. Zu bemerken ist, dass - soweit man es erkennen kann - es sich um andere Dekore und Vasenformen handelt, als im „Kleingerät“ Katalog von 1909, mehr in Richtung „prächtiges Pfauenauge“/ Dürerbund, wenn auch etwas schlichter. Über den Verkaufserfolg der Waren ist wenig bekannt, ein Archivfund deutet darauf hin, dass möglicherweise über diesen Verkaufskanal keine großen Erlöse erzielt worden sind.5 Die Zusammenarbeit mit den „Deutschen Werkstätten“ brachte Festersen eine erhebliche Aufmerksamkeit in den Magazinen für Inneneinrichtung, Kunstgewerbe und Architektur ein. Der „Kleingerät“ Katalog von 1909 aus der StaBi Berlin zeigt insgesamt 9 Abbildungen mit Festersenkeramik. 8 wurden in unveränderter Form in die Zeitschriften übernommen. Eine Abbildung wurde in keinem der bisher bekannten Magazine gedruckt. Dafür finden sich drei weitere Abbildungen in den Zeitschriften, die nicht aus dem Katalog von 1909 stammen. Die Fotos sind vom Aufbau und der Beleuchtung identisch zum Katalog „Kleingerät“ und zeigen 17 weitere Objekte, die der typischen schlichten Deutsche-Werkstätten Serie von Festersen entsprechen. Zwischen 1909 und 1914 dürften verschiedene Auflagen des Katalogs erschienen sein. Die 3 zusätzlichen Abbildungen könnten aus einem dieser Kataloge stammen. Es kann sich aber auch um Fotografien handeln, die aus welchen Gründen auch immer, nicht in den Katalog aufgenommen wurden. Mindestens vier verschiedene Zeitschriften und ein Buch druckten Abbildungen aus dem Katalog „Kleingerät“, insgesamt 19 Abbildungen (einige doppelt bis vierfach): 1909: „Deutsche Kunst u. Dekoration“ S. 174 und 175 je eine Abb. aus 1909 und S. 175 eine Abb. aus?; „Velhagen & Klasings Monatshefte“ S. 303 eine Abb. aus 1909 und eine aus?; 1909/1910: „Deutsche Kunst und Dekoration“ Bd. 25 S. 75 und 287 je eine Abb. aus 1909; 1910: „The Studio -Year book of decorative arts“, S. 203 zwei Abb. von 1909 und eine aus?; „Die Kunst“, S. 115 zwei Abb. aus? u. S. 116 drei Abb. aus 1909 1911/12: „Deutsche Kunst und Dekoration“, S. 102, drei Abb. aus 1909 1913: Speisezimmer, Verlag Alexander Koch eine Abb. aus 1909.
Interessant ist auch, dass es sich um vier unterschiedliche Verlage handelte:
Dem Verkaufskatalog beigelegt war eine Preisliste. Derzeit ist keine dieser Preislisten in Bibliotheken aufzutreiben. In den Quellenangaben der vorliegenden Literatur nennen die Autoren aber mindestens zwei Preislisten aus den Jahren 1909 und 1910, leider ohne Angaben, wo diese stehen: Heide Rezepa-Zabel 2005, Das Deutsche Warenbuch, S. 283 gibt an: Preisbuch Dresdner Kleingerät 2. Auflage Nov. 1909. Wichmann 1992, S. 359 nennt zwei Preislisten von 1909 u. 1910. In dem von uns eingesehenen Katalog von 1909 aus der StaBi Berlin und München ist die beiliegende Preisliste offenbar nicht mehr vorhanden. Im Dezember 1909 zeigt ein Foto, das auf der Weihnachtssausstellung der Deutschen Werkstätten zusammen mit den „Vereinigten Werkstätten“ in München gemacht wurde, ein geschmückten Tisch mit zahlreichen Kunstgewerblichen Kleinteilen, ganz deutlich zu erkennen: Festersenkeramik. Bei der Durchsicht alter Kunstgewerblicher Zeitschriften fanden sich Festersenkeramiken als Dekorationsobjekte auf Raumgestaltungen von Innenarchitekten der „Deutschen Werkstätten“: allen voran bei Wohnungseinrichtungen von Karl Bertsch, dem Gründer der Münchener Werkstätten. Schaut man sich an, in welchen Räumen Festersenobjekte platziert wurden, dann fallen einem ein paar Schlagworte dazu ein: rustikal oder schlicht und oft dort, wo es gesellig zugeht.
Die Kunst 1910, Bd. 22, S. 426, Ausschnitt aus der Abb. Weihnachtsausstellung 1909 1 Vgl. Breuer, Robert: Band 24, Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst Dresden und München S. 165-181. Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, April-September 1909 2 Vgl. Arnold, Klaus-Peter: Vom Sofakissen zum Städtebau, Dresden-Basel 1993 3 Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst: Kleingerät, Dresden 1909 (?). Im Vorwort heißt es: „Dieses kleine Buch enthält eine Sammlung keramischer Erzeugnisse und Kleingerät zu geringeren und zu höheren Preisen. Es zeigt eine Auswahl des Besten, was es auf diesem Gebiet gibt. Wer geschmacklich gute Dinge sucht, wird sie hier finden. Die Sachen, in Material, Herstellung und Form gut und gediegen, sind natürlich nicht zu den Preisen der Ramschbazare herzustellen; man bedenke aber dabei, daß ein gediegener Gegenstand größere Wirkung übt, als eine ganze Stube voll minderwertiger Nippsachen. Soweit das Gewünschte im Katalog nicht enthalten ist, bitten wir, uns Mitteilung zu machen. Wir können weitere Vorschläge unterbreiten. Der Katalog enthält nur einen kleinen Teil unserer Sachen“. Und unter „Lieferungs-Bedingungen“ heißt es weiter: „Von den in diesem Preisbuch abgebildeten Gegenständen wird fast durchweg Lager unterhalten, so daß Lieferung meistens sofort möglich ist.“ Laut Katalog konnten die Waren bei Bedarf auch versendet werden. 4 Vgl. Wichmann, Hans: Deutsche Werkstätten und WK-Verband 1898-1990. Aufbruch zum neuen Wohnen Pestel Verlag 1992, S. 359 5 Im Archiv der Deutschen Werkstätten in Dresden gibt es nur wenige Hinweise auf diese Zusammenarbeit. Zur Berliner Niederlassung der Deutschen Werkstätten, 31.12.1912: Creditoren Saldenliste Festersen, Fr. 37,10 Mark haben. Umsatzmäßig finden sich im Archiv keine weiteren Hinweise.
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