Kunsttöpferei - Friedrich Festersen - Anlage 10

Kunsttöpferei Friedrich Festersen

(Berlin 1909 - 1922)

Anlage 10

Die Töpferstadt Bunzlau – die Stadt des guten Tons

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Herausgegeben vom Verkehrsverein Bunzlau (ohne Jahr)


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Bildquelle: Buch von Heidi Müller/Ekkehard und Inge Lippert: Bunzlauer Geschirr. Gebrauchsware zwischen Handwerk und
Industrie, Berlin 1986, S. 12 und Seite 13



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Bildquelle: Buch von Heidi Müller/Ekkehard und Inge Lippert: Bunzlauer Geschirr. Gebrauchsware zwischen Handwerk und 
Industrie, Berlin 1986, S. 12 und Seite 13


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Bildquelle: Buch von Inge Lippert, Konrad Spindler, Werner Endres und Ekkehard Lippert, Bunzlauer Keramik.
Die Feinsteinzeugfabrik Julius Paul&Sohn in Bunzlau (1893-1945), Band 1, Seite 17, Stuttgart 2002



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Seit dem späten Mittelalter ist Bunzlau an der Bober und ihre Umgebung im ehemaligen preußischen Regierungsbezirk Liegnitz (Niederschlesien, heute polnisch Bolesławiec) einer der wichtigsten Orte des schlesischen Töpferhandwerkes. In der Geschichte der deutschen Keramik steht es gleichbedeutend neben den Töpferzentren im Rheinland, im Westerwald und in Sachsen.

Seit dem Mittelalter war Bunzlau für seine Tonerzeugnisse berühmt. Aber auch andere Wirtschaftszweige begünstigten die dynamische Entwicklung der Stadt. Nach Angaben aus den 1930er Jahren wurden in den einzelnen Industriezweigen folgende Mitarbeiter beschäftigt:

•    Keramik-Industrie 820 Personen
•    Abbau und Bearbeitung von Sandstein 60 Personen
•    Eisenindustrie 525 Personen
•    Textilindustrie 700 Personen
•    Papierindustrie 60 Personen.

Insgesamt arbeiteten 47% der berufstätigen Bunzlauer in Industrie- und Handwerksbetrieben. Eine führende Rolle spielte die Produktion von Keramikwaren. In der Stadt gab es 7 Töpfereien, 2 Feinsteinzeug-Betriebe und 4 Fabriken für Gebrauchs- und Industriebraunzeug.

Um das Jahr 1910 gab es bereits 19 Töpfereien. Eine Postkarte von 1911 zeigt die Töpferwerkstatt von Max Hübel in der Rothlacherstraße 7. Neben dem Besitzer, seiner Familie und den Angestellten sind ausgestellte Erzeugnisse der Firma zusehen.


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Seinen Ruhm als Stadt des guten Tons verdankte Bunzlau weniger den Großbetrieben, die für den Bedarf der Industrie produzierten, sondern kleinen Werkstätten. Indem sie eng mit der Keramik-Fachschule zusammen arbeiteten, stellten sie künstlerisch und qualitativ hochwertige Erzeugnisse her, die in der ganzen Welt reißenden Absatz fanden. Zu den bekanntesten gehörten die Werkstätten von J. Paul, Hugo Reinhold, C. Werner, E. Werner, Robert Burdack.

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts war das Wahrzeichen von Bunzlau der „Große Topf“, den man für den größten der Welt hielt. Seine Maße: 2,15 Meter hoch, 4 Meter Umfang in halber Höhe, 1970 Liter Volumen und 600 Kg Gewicht. Im Jahre 1753 von Meister Johann Gottlieb Joppe in dem Haus Nr. 12 in der Görlitzer Straße gefertigt, wurde der Topf 1893 in die Bastei am Stadtteich gebracht (heute Sitz des Photographenvereins von Boleslawiec), wo er mit anderen Keramikgegenständen besichtigt werden konnte. Das Innere der Bastei mit dem Großen Topf und anderen Exponaten ist auf einer Farblithographie
von 1902 dargestellt.
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Nach der Gründung des Städtischen Museums „zog“ der Topf 1909 nochmals um.


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Porzellanfigur Bunzlauer Töpfer, um 1900/ 1920.

Figürliche Darstellung eines Töpfers an der Scheibe beim Fertigen eines Topfes. Sockelinschrift "Bunzlau/ Ich bin ein Töpfer wacker, das gibt mir Brod genug/ Die Erde ist mein Acker, Die Scheibe ist mein Pflug". H. 12,5 cm.

Bunzlau ist die Heimat der „Bunzeltöpfe“, jener hellgrauen, lehmglasierten Steinzeugwaren, die seit alters her als Vorratsgefäße aller Art in keinem deutschen Haushalt fehlten. Daneben brachte Bunzlau braunglasierte Kannen, Krüge, Schraubenflaschen, später auch Essgeschirr und Vasen hervor. Wirtschaftliche Grundlage der Produktion waren die guten Tonlager in der Nähe der Stadt, sowie das Vorkommen brauner Lehme. Von der Natur gemischt, konnten diese ohne weitere Aufbereitung auf die Waren aufgetragen werden. Die Bunzlauer Waren wurden bei 1260 Grad gebrannt. Ein besonderer Vorzug dieser Tonwaren war ehedem ihre Feuerfestigkeit. Damit konnten aus diesem fast weiß bis leicht ocker brennenden Scherben Koch- und Schmortöpfe sowie Kannen zum Warmhalten der Getränke auf der Herdplatte hergestellt werden.

Jahrhundertelang fanden Bunzlauer Erzeugnisse nicht nur in Deutschland weite Verbreitung, sondern wurde auch nach Skandinavien, Russland, Polen, England, Holland, die Schweiz, selbst  nach Übersee exportiert.

Herausragende Eigenschaften der Bunzlauer Keramik waren die Temperaturwechselbeständigkeit und ihre Freiheit von Haarrissen. Der im Bunzlauer-Naumburger Tonbecken geförderte Ton wurde bei bis zu 1260 Grad Celsius gebrannt und galt im gebrannten Zustand als hochgebrannte Irdenware. Dieser Scherben war trotz hoher  Brenntemperatur nicht gesintert, also noch etwas porös und konnte dadurch Temperaturwechsel gut überstehen. Die aufgeschmolzene Lehmglasur – ursprünglich reiner niedrigschmelzender rotbrauner Lehm – machte die Keramik dicht für alle Arten von Flüssigkeiten. Während in anderen europäischen Töpfergegenden noch lange Zeit viel Blei verwendet wurde, war die frühzeitige Bleifreiheit der verwendeten Glasuren ein wesentlicher Beitrag zum großen Erfolg der Bunzlauer Keramik. Der Vorzug der Feuerfestigkeit verlor allerdings mit der Einführung von emaillierten Gusseisen- und Stahlblechtöpfen und schließlich von solchen Gerätschaften aus Aluminium zum Beginn des 20. Jahrhunderts weitgehend an Bedeutung.

Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Bunzlau Zentrum einer aufstrebenden keramischen Industrie, in der bereits nach den Prinzipien der Massenproduktion gearbeitet wurde. Neben der braunen Ware kamen Geschirre mit sogenanntem Schwammdekor auf, einer Rosettenmusterung, die mit dem Farbschwämmchen aufgetragen und anschließend mit einer Feldspatglasur überdeckt wurde. Von ungelernten Kräften schnell und einfach auszuführen, waren die vorwiegend in den Farben Blau, Grün, Gelb und Rot gehaltenden Geschirre von intensiver Leuchtkraft und volkstümlicher Fröhlichkeit. Geschwämmeltes Steinzeug war sehr beliebt und wurde für Bunzlau ebenso typisch wie die braune Ware. Bunzlauer Keramik hatte bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges eine große wirtschaftliche Bedeutung und war darüber hinaus mit ihrem typischen Dekor stilbildend. Die im 20. Jahrhundert wohl bedeutendsten Bunzlauer geschirrkeramischen Industierbetriebe Julius Paul & Sohn sowie Hugo Reinhold & Co. hatten beide Sorten Steinzeug in ihrer Produktion. Wirtschaftlich war es für sie von Vorteil, dass sowohl die lehmglasierte als auch die feldspatglasierte Ware bei gleicher Temperatur von 1260 Grad gebrannt werden konnte. Beide Firmen haben in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ihr Angebot an Gebrauchsgeschirr entschieden erweitert zugunsten von Zierkeramik mit vielfältig polychromen Laufglasuren.




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gruss aus bunzlau

bunzlau synagoge 01Bunzlau Synagoge 1908


karte bunzlau keramik 50 Bunzlau, Staatliche Keramische und Glasfachschule


In der Nähe des Waisenhauses steht in der Schützenstraße das Gebäude der ehemaligen Königlichen Keramik-Schule (heute Berufsschule für Elektronik). Der ältere Teil der Schule entstand 1898. Im Jahr 1930 wurde das Gebäude nach einem Entwurf des bekannten Künstlers Artur Hennig für die Anforderungen einer Fachschule für Glasverarbeitung erweitert.

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Keramische Fachschule Bunzlau / Schulgebäude von 1897 mit dem Dachausbau von 1922/23


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Neuerungen im Töpferhandwerk förderte die 1898 in Bunzlau nach österreichischem Vorbild gegründete Königliche, später Staatliche Keramische Fachschule. Bis zuletzt gab es neben der industriellen Fertigung in Bunzlau und Umgebung eine Vielzahl von Handtöpfereien in Familienbesitz, die auf der Scheibe drehten oder in Gipsformen gossen. In unmittelbarer Konkurrenz zu den Töpfereien in der Stadt Bunzlau standen die Werkstätten in der Nachbarschaft, die durch abgewanderte Töpfer gegründet wurden, zum Beispiel in Naumburg am Queis, Tillendorf und Ullersdorf. Der Erfolg der Bunzlauer Keramik führte zu Nachahmungen in anderen Töpferorten, die dann auch unter diesem Gattungsnamen verkauft wurden. Die Töpfer in Bunzlau und Umgebung versuchten sich deshalb mit dem Markenstempel „Original Bunzlau“ zu schützen. Herstellermarken findet man vorzugsweise auf den mehr industriell gefertigten Produkten; auf älteren, insbesondere auf der Töpferscheibe gedrehten Tonwaren fehlen sie teilweise.
Nach kontinuierlicher Tätigkeit von sechs Jahrhunderten kam die Bunzlauer Keramikherstellung 1945 mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches und der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung Niederschlesiens nach dem Zweiten Weltkrieg zum Erliegen. Bekannte Töpfereien waren u.a. Gleisberg, August Hude, Julius Paul & Sohn, Hugo Reinhold & Co und Edwin Werner.

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Seit dem Mittelalter war Bunzlau für seine Tonerzeugnisse berühmt. Aber auch andere Wirtschaftszweige begünstigten die dynamische Entwicklung der Stadt. Nach Angaben aus den 1930er Jahren wurden in den einzelnen Industriezweigen folgende Mitarbeiter beschäftigt:

·        Keramik-Industrie 820 Personen

·        Abbau und Bearbeitung von Sandstein 60 Personen

·        Eisenindustrie 525 Personen

·        Textilindustrie 700 Personen

·        Papierindustrie 60 Personen.

Insgesamt arbeiteten 47% der berufstätigen Bunzlauer in Industrie- und Handwerksbetrieben. Eine führende Rolle spielte die Produktion von Keramikwaren. In der Stadt gab es 7 Töpfereien, 2 Feinsteinzeug-Betriebe und 4 Fabriken für Gebrauchs- und Industriebraunzeug.

Um das Jahr 1910 gab es bereits 19 Töpfereien. Eine Postkarte von 1911 zeigt die Töpferwerkstatt von Max Hübel in der Rothlacherstraße 7. Neben dem Besitzer, seiner Familie und den Angestellten sind ausgestellte Erzeugnisse der Firma zusehen.