Dabei waren Funktionalität und Materialgerechtigkeit zentrale, alle Gestaltungsdisziplinen umfassende Qualitätskriterien. Im Zusammenspiel von Kunst, Industrie und Handwerk wurden zukunftsweisende Impulse für Baukultur und Formgebung sowie übergreifende gesellschaftliche Prozesse gegeben. 12
Es ist also der 1907 gegründete “Deutsche Werkbund”, der das Eingreifen in den industriellen Produktionsprozess und die “Veredelung” der Produkte beschloss und alles unter das Prinzip der “Durchgeistigung” stellte. Ein Jahr zuvor, 1906, hatte sich anlässlich der als “Heerschau” titulierten Dresdner Ausstellung zum deutschen Kunstgewerbe – nicht zuletzt dank den ersten von Richard Riemerschmid entwickelten Maschinenmöbeln – ein klarer Erfolg abgezeichnet. Mentor dieser Entwicklung war Friedrich Naumann, der die Zielsetzung des Werkbundes in den größeren Rahmen deutscher Wirtschaftsentwicklung in Konkurrenz zu den großen Nationen anstellte.
Fritz Schumacher, der Organisator der Dresdner Ausstellung (FN: Die Dritte Deutsche Kunstgewerbeausstellung Dresden fand vom 12. Mai bis 31. Oktober 1906 unter dem Motto „Ein Festzug des deutschen Kunstgewerbes“ in Dresden statt. Die Ausstellung stellte einen bedeutenden Durchbruch der Reformbewegung des Kunstgewerbes als Gegenbewegung zu der seit der Mitte des 19. Jahrhunderts aufgekommenen industriellen Massenproduktion unter der damals verbreiteten Verwendung von Stilmerkmalen des Historismus dar.), formulierte anlässlich der Gründung des Werkbundes 1907 in München: “Und so ist die Kunst nicht nur eine ästhetische, sondern zugleich eine sittliche Kraft, beides zusammen aber führt in letzter Linie zur wichtigsten der Kräfte: der wirtschaftlichen Kraft”. Pete Jessen sprach dann 1912 von einer “höheren Einheit neudeutscher Wirtschaftkunst” (FN: in: Die Durchgeistigung der deutschen Arbeit. Wege und Ziele in Zusammenhang von Industrie, Handwerk und Kunst. Jahrbuch des Deutschen Werkbundes. Der Werkbund und die Großmächte der deutschen Arbeit, Hellerau 1912). Und im Kontrast dazu wehrte sich Hermann Muthesius (FN: Hermann Muthesius (* 20. April 1861 in Großneuhausen; † 26. Oktober 1927 in Berlin; vollständiger Name Adam Gottlieb Hermann Muthesius) war ein deutscher Architekt und preußischer Baubeamter. Er wirkte als Autor, Geheimrat im Preußischen Handelsministerium, einflussreicher Theoretiker der „modernen“ Architektur und des Produktdesigns, Kritiker des Jugendstils und Mitbegründer des Deutschen Werkbundes.) , für viele der wirkliche Gründer des Werkbund-Gedankens, 1911 in seiner Dresdner Grundsatzrede “Wo stehen wir” gegen den “Rückgang des Kunstempfindens” und focht für dessen Neubelebung. Der Werkbund suchte die Breitenentwicklung, wollte den ganzen Menschen und die Kultur erreichen. Bei Muthesius fiel deshalb auch das geflügelte Wort “Vom Sofakissen zum Städtebau”, das später karikiert kritisch auf das Bauhaus übertragen wurde: “Von der Kathedrale des Sozialismus zur Bauhaus-Tapete”.
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