Anlage 16 Bruno Paul: Typenmöbel
Von 1908 bis 1910 ließen die „Vereinigten Werkstätten“ in Berlin das Typenmöbelprogramm von Bruno Paul1 fabrizieren. Erstmals wurden Kombinations- und Anbaumöbel aus „abgesperrten Tafeln“ in Schichtholztechnik angefertigt, die über die Jahre ergänzt und für das Speise-, Wohn‑, Herren-, Schlaf- und Kinderzimmer kombiniert werden konnten. Ausgestellt wurde das neuartige Möbelprogramm 1908 in Ausstellungsräumen in der Königgrätzerstraße 22, Berlin. Gezeigt wurden sechs Zimmereinrichtungen, hierzu gehörten ein Wohnzimmer, ein Esszimmer, ein Arbeitszimmer, ein Schlafzimmer, ein Kinderzimmer sowie eine Küche. Paul ging es auch um einen sozialen Aspekt bei diesen Entwürfen. Die Lebensbedingungen für die weniger gut betuchten Klassen sollten verbessert und gutes hochwertiges Design auch anderen Schichten zugänglich gemacht werden. Gedacht waren diese Möbel für Käufer (wohl junge Paare), die sich eine hochwertige aber nicht allzu teure Einrichtung kaufen wollten. Allerdings waren Pauls Entwürfe am Ende doch zu teuer für Normalverbraucher. Wann die Ausstellung genau stattfand, wurde nicht recherchiert. Der Bericht über Pauls Typenmöbel, aus dem die Abbildungen entnommen sind, erschien im November-Heft 1908 der Zeitschrift „Die Kunst / Dekorative Kunst“2. Nimmt man also an, dass die gezeigten Exponate von Festersen stammten, dann handelt es sich um einen weiteren Nachweis vor der bisher belegbaren „Deutsche Werkstätten“ Zeit ab 1909. Auf den Fotos der Ausstellung sind einzelne Keramikexponate zu sehen, die vom Dekor her in Festersen Arbeiten passen. Zwei Vasen zeigen gereihte gleichförmige geschwämmelte Kreise, auf einem Krug wechseln sich vertikal verlaufende Reihen von Punkten und von dünnen geschwämmelten Kreisen ab, die Terrine hat ein Quadratgitter mit vermutlich je einem geschwämmelten Kreis/Tupfen in der Mitte. Von allen drei Dekormustern findet man vergleichbare Varianten im Katalog „Kleingerät“. Auf die gleiche leicht inakkurate Art ausgeführt. Die Formen sind nicht im Katalog „Kleingerät“ zu entdecken. Die Krugform ist von Festersenwaren bekannt. Reicht dies, um die Objekte Festersen zuzuschreiben? Kann man sie klar von Bunzlau abgrenzen? Andererseits spricht das Umfeld, in dem die Waren stehen eher für einen Entwurf einer bekannten, als künstlerisch bedeutend erachteten Firma als für einen namenlosen Einkauf auf dem Bauernmarkt bzw. von einer eher unbedeutenden Bunzlauer Firma. Paul dürfte im Austausch mit Mitarbeitern der „Deutschen Werkstätten“ gestanden haben und beste Kontakte in die Berliner Kunstgewerbeszene gehabt haben. 1 Maler, Architekt, Entwerfer, * 19.1.1874 Seifhennersdorf (Lausitz), † 17.8.1968 Berlin Mit Entwürfen für Möbel, Textilien, Tapeten, Teppiche und Metallarbeiten (Lampen, Leuchter, Beschläge) trat Paul in den Kreis der Künstler der 1898 gegr. „Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk“ und wurde mit seinem von der Geometrie bestimmten Stil 1904-10 einer ihrer dominierenden Mitarbeiter. In dieser Zeit wurde Paul auch zu einem wichtigen Architekten des Berliner Großbürgertums. Sein repräsentativer Anspruch setzte sich auch in seiner Ausstattung von Schiffen des Norddeutschen Lloyd (u. a. „Prinz Friedrich Wilhelm“ 1908, „George Washington“ 1909) fort. Bruno Paul war ab 1907 auch Direktor der Unterrichtsanstalt der Berliner Kunstgewerbeschule. Ziffer, Alfred, „Paul, Bruno“ in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 112-113 [Onlinefassung]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd118739557.html#ndbcontent Bruno Paul gehört 1907 zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Werkbunds. 1911 beginnt seine Zusammenarbeit mit den Deutschen Werkstätten in Dresden-Hellerau 2 Bruno Pauls Typenmöbel. Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst 1909, Jahrgang 20, S. 86-87. Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst 1908/09 Bd. 20. Im gleichen Band ist auf S. 258 der Hinweis zu finden, dass dieser Artikel im Novemberheft erschienen ist.
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