Kunsttöpferei - Friedrich Festersen - Anlage 12

Kunsttöpferei Friedrich Festersen

(Berlin 1909 - 1922)

Anlage 12

Die Festersenservice

Aus Veröffentlichungen der Jahre 1910 und 1914 sind Abbildungen von zwei verschiedenen Servicen bekannt, die vom jeweiligen Autor als Festersen bezeichnet werden.

Das Service aus „Daheim“ 1914 ist gut als Festersen identifizierbar. Bei dem anderen mit Rädchen verzierten Service ist unklar, warum es damals Festersen zugeschrieben wurde. Wir hoffen, noch weitere Informationen zu erhalten, die hier Klarheit schaffen können.

Festersen dürfte – wenn überhaupt - in beiden Fällen lediglich den Dekor selbst angefertigt haben. Es ist bekannt, dass er Feinsteinzeug von anderen Firmen wahrscheinlich als weiße unglasierte Schrühware zugekauft und selbst dekoriert hat.

Bei dem fraglichen Service handelt es sich um ein Tee- und Kaffeeservice, das 1910 in den beiden Zeitschriften „Velhagen & Klasings Monatshefte“[i] und „Die Kunst/Dekorative Kunst“ abgebildet war.

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Abb. Als Steinzeug-Service von Friedrich Festersen bezeichnete Abbildung wie sie in „Die Kunst“ 1910 bzw. in „Velhagen & Klasings Monatshefte“ 1910 erschienen ist.

Im Daheim-Kalender für das Deutsche Reich 1913, S. 214 ist das Festersen-Service nochmal abgebildet. Also doch kein Irrtum?
https://archive.org/details/daheim-kalender-fur-das-deutsche-reich-1913/page/213/mode/2up?q=festersen

In den beiden genannten Zeitschriften sind neben dem Service auch Abbildungen von Festersenwaren aus dem Katalog „Kleingerät“. Durchaus kann es sich um eine Verwechslung handeln. Möglicherweise sind die Informationen von den Autoren nicht selbst recherchiert worden, sondern sie haben auf fehlerhafte Presseinformationen des Vertriebs zurückgegriffen. Auffällig allerdings ist, dass es zwei verschiedene Autoren von zwei verschiedenen Verlagen sind.

Ein nahezu identisches Service findet sich auch 1915 im „Deutschen Warenbuch“, einem Verkaufskatalog des „Deutschen Werkbundes“, dort auch mit weiteren Teilen. Die Farbinformationen im Preisbuch des Katalogs: „Ringe blau, Punkte rotgelb“, Größenangaben z. T. vorhanden, z. B. Milchkannen 13/15/17 cm hoch, Teller in 16 u. 20 cm.

Die Waren in diesem Katalog wurden allesamt ohne Herstellerbezeichnung angeboten.

Dr. Heide Rezepa-Zabel recherchierte für etliche Waren den Hersteller und fand bei Utzschneider & Cie, Sarreguemines ein entsprechendes Service aus der Opaque Serie (Qualitätsstufe) mit diesem Dekor. Bei ihr findet sich auch der Hinweis, dass dieses Service zuvor fälschlich als Festersen-Service bezeichnet wurde.[ii]

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Abb. Deutsches Warenbuch 1915 S. 86 (oben) und S. 87 (unten). Quelle: Deutsches Warenbuch,
Fotos: AW

Schaut man sich heute auf einschlägigen Verkaufsseiten im Internet die angebotenen Objekte von Sarreguemines Opaque an, dann sieht man eine breite Palette an Dekoren und Formen. Darunter finden sich auch jene des fraglichen Services, z. T. mit kleinen Abweichungen.

Zu den Formen muss ergänzt werden, dass es sich nicht um typische, ausschließlich bei Utzschneider & Cie verwendete Formen handelt, sondern um gängige Formen der damaligen Zeit, wie man sie in ähnlicher Weise wohl auch bei anderen Firmen finden dürfte.

Auch auf Abbildungen von Inneneinrichtungen der „Deutschen Werkstätten“ sind gelegentlich Teile des Rädchen-Services zu sehen.

Im Katalog „Handgearbeitete Möbel“ von 1909 stehen Milchkannen, Zuckerschale und Tassen auf einer Anrichte von Otto Gussmann. Ebenfalls 1909 Zuckerschale und Tasse auf einem Tisch in einem Junggesellenzimmer von R. Riemerschmid (Innendekoration 1909, S. 53). Dieses Service wurde von den „Deutschen Werkstätten vertrieben“, siehe Rezepa-Zabel, 2005 S. 426, „Preisbuch Kleingerät Deutsche Werkstätten“.

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G.m.b.H. Dresden München II. Auflage Nov. 1909, S. 245.

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Abb. Innendekoration 1909, S. 53, Riemerschmid Junggesellenzimmer

1914 wird in der Zeitschrift „Daheim“ ein weiteres Service von Festersen vorgestellt[iii]:


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Einen vergleichbaren Dekor findet man auch auf anderen Festersenwaren wie z. B. Vasen und Tellern. Ein Irrtum liegt also nicht vor.

Auffällig ist, dass die Formen der Kannen und der Zuckerdose ebenfalls denen der Service von Utzschneider & Cie Opaque gleichen. Vermutlich hat Festersen auch von dort undekorierte Schrühware bezogen. Bisher sind keine Teile davon in Sammlungen bekannt geworden.

In Verkaufsangeboten im Internet gefundene Objekte von Utzschneider & Cie Sarreguemines:

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Sarreguemines Opaque, Dekor: Mousse, Foto: ebay

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Frühstücksteller, 20 cm, Dekor B 721, Sarreguemines Opaque, Foto + Objekt: AW



[i] Velhagen & Klasings Monatshefte 1910 Bd. 24/2. S. 300-304. H. v. Sp. Illustrierte Rundschau. Verlag Velhagen & Klasing.

Die Kunst: Monatshefte für die angewandte und dekorative Kunst auch Dekorative Kunst 1910 Bd. 22 S. 114- 140. Eugen Kalkschmidt Geschenke Vom Schenken überhaupt. Verlag Fritz Bruckmann

[ii] Vgl. Rezepa-Zabel, Heide: Deutsches Warenbuch – Reprint und Dokumentation. Gediegenes Gerät fürs Haus, Verlag Reimer, Dietrich, 2005

[iii] Daheim, 50. Jahrgang, Nr. 38, vom 20.06.1914, S. 26-27

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