Kunsttöpferei - Friedrich Festersen - Anlage 11 - Festersen Pfauenaugendekore und Formen

Kunsttöpferei Friedrich Festersen

(Berlin 1909 - 1922)

Anlage 11

Festersen Pfauenaugendekore und Formen

Geht man durch heutige Festersensammlungen und Verkaufsangebote, so fällt Folgendes auf:

* Festersenexponate, von einer Machart, wie sie im Katalog „Kleingerät“ zu sehen sind, findet man heute kaum noch.

* Eine andere Gruppe ist in zahlreichen Varianten in großer Zahl vertreten: prächtige Pfauenaugendekore in hochglänzend oder seltener in matt auf typischen schlichten Vasenformen des Jugendstils, z.T. mit extravaganten Henkeln.

* Die Festersenwaren aus dem „Dürerbund“-Katalog sind heute auffindbar, teilweise 1:1, teilweise mit variiertem Dekor, allerdings in geringerer Zahl als die anderen Varianten aus der Pfauenaugen-Gruppen.

* Neben dem „prächtigen Pfauenaugendekor“ gibt es zahlreiche andere Dekore und Dekorgruppen, vermutlich auch mit einem eigenen Gefäßformenspektrum, das dann nur für diese Linie verwendet wurde.

* Kaum ein Objekt gleicht einem anderen, entweder die Größe, Form oder der Dekor stimmen nicht überein.

Nur wenige Objekte lassen sich wirklich 1:1 in größerer Zahl finden.

* Bei den verwendeten Gefäßformen zwischen dem prächtigen Pfauenaugendekor und dem schlichteren Typ „Deutsche Werkstätten“ gibt es wenig Überschneidungen.

* Im Formenkreis „Deutsche Werkstätten“ befinden sich Typen, die stark mit den Waren anderer Produzenten überlappen, besonders mit den als Vorbild genommenen Bunzlauer und Niederlausitzer Waren. Die hohe Variabilität der Stücke lässt vermuten, dass seine Töpfer und Maler künstlerische Freiheiten hatten.

Möglich ist auch, dass man den Kunden bei vorbestellter Ware ein gewisses Maß an Auswahlmöglichkeiten angeboten hat.

Die meisten bei Festersen produzierten Stücke sind handgedreht und hand-dekoriert. Statt zu versuchen, die auftretende Variabilität bei handgefertigten Stücken durch möglichst akkurate Fertigung zu minimieren, ist Festersen offenbar einen anderen Weg gegangen. Nahezu jedes seiner Stücke hat er zu einem Unikat werden lassen, bei dem die Abweichung, das Zufällige und die wahrscheinlich auch spontanen künstlerischen Einfälle seiner Mitarbeiter ein wichtiges Element bildeten.

Die vorgefundenen Kataloge erwecken zwar den Eindruck, dass hier serienmäßig identische Stücke verkauft werden sollten, die Realität war aber wohl eine andere. Der Käufer bekam in der Regel ein Unikat.

Die Gruppe: prächtiges Pfauenauge

Im Gegensatz zu den anderen Gruppen macht dieser Typ den Großteil der heute erhaltenen Waren aus. Die Muster unterscheiden sich klar vom Typ, wie er im Katalog der „Deutschen Werkstätten“ zu finden ist. Die Pfauenaugen sind relativ groß, bestehen nicht nur aus simplen dünnen Ringen und sind oft gefüllt, insgesamt sehr farbenfroh, aber eher gedeckte Farben. Relativ einheitliche Farbpalette grün-dunkelgrün, blau, rostbraun bis rötlichorange.

Der „prächtige Pfauenaugen“-Typ weist immer wiederkehrende Pfauenaugenmuster auf. Der Dekor kann matt oder hochglänzend, leicht verlaufend sein.

Die hochglänzende klare Überglasur lässt die darunterliegende Schwämmeldekore oftmals leicht verschwimmen. Die hochglänzenden Gefäße fassen sich sehr glatt an.

In der Regel wird ein Grundtyp von Pfauenaugenmuster mit gereihten Linien, Punkten, Kreisel, kombiniert.

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Typische Pfauenaugenmuster. Die Pfauenaugen sind 3-teilig und relativ groß. Die Farben satt und flächig. Die Augen liegen in etwa Abstand zueinander.

Oft ist bei diesem Typ der Vasenhals frei vom Muster des Körpers und stattdessen vollfarbig oder mit einem anderen, zum Gefäßkörper in Kontrast stehendem Muster versehen. Die Gefäßformen sind variantenreich, aber sie wiederholen sich und stammen aus dem klassischen Jugendstilformenbereich.

Meist bauchige Typen. Es gibt kaum Überschneidungen zu den Gefäßformen und Dekoren der Deutsche-Werkstätten-Waren.

Das Material, das zum Farbauftrag benutzt wurde, wirkt nicht schwammig, fein-porig, sondern gefaltet-flächig und/oder großporig.

Die Gruppe „Deutsche Werkstätten“

Durch die Abbildungen im Katalog „Kleingerät“ sowie über Exponate in zeitgenössischen Zeitungsabbildungen sind zahlreiche Exemplare bekannt. Zwischen 1908-1914 ist der Großteil der erkennbaren Festersenexponate dem Spektrum „Deutsche Werkstätten“ zuzuordnen. Im krassen Gegensatz steht dazu, dass dieser Typ in heutigen Sammlungen und Verkaufsangeboten kaum vertreten ist. Es gibt zudem nur selten gemarkte Exemplare.

Während der Typ „prächtiges Pfauenauge“ einen hohen Wiedererkennungswert hat, besteht bei dem Typ „Deutsche Werkstätten“ ein erhebliches Verwechselungspotential mit Waren aus Bunzlau. Hier besteht Forschungsbedarf, um Merkmale zur Abgrenzung herauszuarbeiten.

Ähnlich wie bei den Bunzlauer Waren handelt es sich um ein kleinteiliges zusammengesetztes Muster oder um ein einfaches, das gesamte Gefäß bedeckende Muster. Das Material, mit dem geschwämmelt wurde, wirkt im Gegensatz zum „prächtigen Pfauenauge“ feinporiger, weniger flächig, feiner und luftiger. Die Dekore im Katalog der „Deutschen Werkstätten“ sind deutlich schlichter. Das Pfauenauge besteht lediglich aus einem Kreis/Viereck, in dem eine luftige Struktur ist (Strich(e), Gebilde, Kreis, Punkt(e)). Die Pfauenaugenkreise bzw. Vierecke ziehen sich dicht an dicht in Linien über das Gefäß.

Meist bedeckt ein Muster das ganze oder nahezu das gesamte Gefäß, der Hals wird nicht einfarbig abgesetzt. Die Farben verlaufen und verschwimmen nicht, außer bei der blau-dunkelblauen Farbe. Sie bleiben stabil und bilden sehr feinstrukturig die Form des Mediums ab, mit dem sie aufgetragen wurden.

Zumindest die im Katalog abgebildeten Muster sind im Verhältnis zur Gefäßgröße oft klein, kleiner als bei den Pfauenaugendekoren. Es scheint sehr viel vom hellen Untergrund durch bei praktisch allen Dekoren. Die farbigen Flächen sind aus aneinanderliegenden Kreisen oder Rechtecken aufgebaut, nicht flächig geschwämmelt.

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Amphore mit blauen Ringen. Sammlung. Barth, gemarkte Stücke bekannt.
Schale: Sammlung Barth, gestempelt,
2-Henkelvase: Sammlung skd-Dresden, Abb. Katalog Kleingerät;
Krug: ungemarkt, fraglich, Auktionshaus; Vase: ungemarkt, fraglich, ebay,
vergl. ähnliche Vase im Katalog Kleingerät.


Die Vasenformen sind häufig Flaschenkürbisformen, dünnhenkelige Amphoren, Krüge nach Bunzlauer Vorbild. Das im Katalog „Kleingerät“ gezeigte Formenspektrum hat erstaunlicherweise so gut wie keine Überlappung mit der Gruppe „prächtiges Pfauenauge“.

„Festersen weiß die ihr gehörende Form zu finden; seine Farben sind grau, grün und mehrere Töne von Blau. In lustigen Flocken, in Kreisen und Wolken spielen diese Nuancen auf indifferentem Grund. Es ist dies eine sehr gesunde, sehr kräftige Keramik, aus der uns sicher noch manches gute Stück kommen wird.“1

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In Serie gefertigte Objekte

Die Mehrzahl der heute aus Sammlungen bzw. Verkaufsangeboten bekannten Festersen-Exponate unterscheidet sich voneinander in Form, Größe oder Dekor. Nur vergleichsweise selten trifft man auf echte Serien, in denen Dekor, Größe und Form nahezu identisch sind.

Eine Ausnahme könnten die Festersen-Waren aus dem „Verkaufskatalog“ des „Dürerbunds“ sein, aber auch dort scheint sich Festersen viele Freiheiten genommen zu haben.

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Bisher gefundene Serien mit weitestgehend identischen Objekten:

Blaue Vase mit Pfauenaugendekor, alle gestempelt (Pressstempel) Festersen und 11 sowie 26-27 cm hoch. Sammlung Barth, 26 cm, M1, 11; Auktionshaus Mehlis, 27 cm, M1, 11; AW Kiel, 26,5 cm, M1, 11

Die grünen Gruppen

Neben zahlreichen anderen Dekorvarianten fällt diese Vorliebe für grün-blaue Dekore auf. Hierbei handelt es sich offenbar um Serien mit verschiedenen Mustern und Grün-Blaufarben.

- hellgrün und blau, leicht verlaufend, elfenbeinfarbener Grund.
- gedeckt grün und verlaufendes blau, weißer Grund.
- grasgrün mit dunkelblau nicht verlaufend auf elfenbeinfarbenem Grund.

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Datierungen:

Die mangelhafte Quellenlage macht es derzeit unmöglich, die Mehrzahl der Stücke zu datieren. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Stücke Unikate sind, die man höchstens grob anhand von stilistischen Merkmalen einem datierten Stück zuordnen kann, über viele Serien/Gruppen ist nichts bekannt.

Besonders von Interesse dürfte die Datierung von 2 Gruppierungen sein:

1. Die Formen und Dekorgruppen, wie sie bei den „Deutschen Werkstätten“ zu sehen sind und aus der die Mehrzahl der in der zeitgenössischen Literatur abgebildeten Objekte stammt.

2. Die heute in großer Zahl erhaltene Gruppe „prächtiges Pfauenaugendekor“ auf einem charakteristischen Gefäßformenspektrum. Dieser Typ dürfte wohl maßgeblich zu Festersens wirtschaftlichem Erfolg beigetragen haben.

Bei dem Warentyp „Deutsche Werkstätten“ kann anhand der Abbildungen 1908 in der Zeitschrift „Innendekoration“, Möbel im Kaufhaus Gerson, und der Abbildungen 1909 (Deutsche Kunst u. Dekoration, Katalog Kleingerät) ein frühes Auftreten festgestellt werden.

Anders sieht es beim Typ prächtiges Pfauenauge aus. Eindeutig feststellbar ist er ab 1912 in Zeitschriften und im Katalog des Dürerbunds. In der Sammlung Barth befindet sich zudem eine Henkelvase, die einer Beschriftung auf dem Boden nach Mitte 1911 zur Hochzeit verschenkt worden sein soll.

Das Fehlen von Abbildungen zwischen 1908 und 1912 kann an der Auswahl der Objekte für Fotografien und Raumausstattungen liegen. Der Auswählende mag die schlichte bäuerliche Art bevorzugt und die etwas prätentiös-prunkvollen Varianten abgelehnt haben, gerade im Hinblick auf die Schwärmerei für traditionelle „Bauernkeramik“.

Andererseits gibt es zwischen 1908 und 1913 veröffentlichte Abbildungen von Inneneinrichtungen, die alle von Albert Gessner gestaltet wurden, und auf denen erst Ende 1912 die ersten Waren des Typs „prächtiges Pfauenauge“ zu sehen sind. 1912/13 sieht man dann zahlreiche Exponate dieses Typs in Gessners Einrichtungen. Was hätte ihn daran hindern sollen, diesen schon vorher zu verwenden?

Einige Funde deuten darauf hin, dass Festersen schon zuvor farbenprächtigere Objekte mit größeren abgesetzten Pfauenaugen gestaltet hat. Der Dekor „prächtiges Pfauenauge“ könnte sich daraus entwickelt haben. Auf der Weihnachtsausstellung 1909 der Deutschen Werkstätten sind Teller und halb-verdeckt auch eine Vase zu sehen, die mit größeren wohl z. T. mehrfarbig gefüllten Pfauenaugen dekortiert sind.

Im Katalog „Kleingerät“ sind 2 Vasen zu sehen, die mit größeren abgesetzten Tupfen bedeckt sind.

Nimmt man an, dass der Typ „prächtiges Pfauenauge“ erst um 1911/12 entstanden ist, dann kann man darüber spekulieren, ob dies mit Andreas Festersen in Zusammenhang stehen könnte. Dessen Anwesenheit in Berlin lässt sich erst mit dem Adressbuch für 1912 nachweisen.

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Ein weiterer Fund wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet. Eine Vase auf einer Entwurfszeichnung eines Architekten, über den kaum etwas in Erfahrung zu bringen ist: Heinrich Kaletsch, Stuttgart. Weder Stuttgart noch Kaletsch sind irgendwie in Verbindung zu bringen mit Festersen, dennoch, die Vase hat verblüffende Dekor- und Formparallelen zum Typ „prächtiges Pfauenauge“. Von der Form her dürfte es eine Kugelform und der grüne „Fuß“ eher ein Schatten/Spiegelung auf dem Tisch sein. Aber ist die Vase überhaupt von Festersen oder eine reine Erfindung des Zeichners?

Die von Festersen verwendeten Pressstempel (FESTERSEN und Festersen) lassen keine Rückschlüsse zu.

Man findet auf Objekten des Typs „prächtiges Pfauenauge“ und auf dem Typ „Deutsche Werkstätten“ beide Stempelvarianten. Sehr viele Objekte sind unmarkiert. Interessant wäre es auch, sich den Wandel der Gefäßformen anzuschauen.

Von den mit Malhorn dekorierten Stücken sind derzeit nur Vasen und Schalen bekannt. Die Formen dieser Vasen überschneiden sich vollständig mit jenen aus dem Bereich „prächtiges Pfauenauge“.

1914 wird dieser Typ das erste Mal erwähnt. Mit Abbildungen in der Zeitschrift „Daheim“ und in einem Bericht über einen Vortrag über Hafnerkeramik ebenfalls in 19142. Ebenso ein klarer Hinweis auf Lüsterglasuren, aber keine Erwähnung von Laufglasuren in dem Bericht.

Trotz dieser recht eindeutig erscheinenden Jahresangabe ist es möglich, dass diese Dekore bereits Jahre zuvor auf den Markt kamen, aber in den einschlägigen Zeitschriften keine Beachtung fand. Die Zeitschrift „Daheim“ ist ja auch keine klassische „geschmacksbildende“ Zeitschrift für Inneneinrichtungen der damaligen Zeit gewesen. So mag es eher dem Zufall geschuldet sein, dass ausgerechnet in 1914 so viele detaillierte Berichte erhalten sind.

Ein Schreibzeug mit Pfauenaugendekor auf grün geschwämmeltem Grund aus der Sammlung Barth trägt auf der Unterseite einen Vermerk einer Hamburger Firma im Caledonia Haus. Das Haus in der Mönckebergstraße 5 wurde erst 1912/13 erbaut. Eine Firma mit einem vergleichbaren Namen und einer passenden Branche (Innenkunst) findet sich nur im Adressbuch für 1914.

Eine weiterer datierbarer Dekor und Gefäßtyp stammt aus einer Anzeige von Festersen aus dem Jahr 1914, diesem können derzeit keine heutigen Objekte zugeordnet werden. Es zeigt einmal mehr, wie variantenreich Festersen produziert hat.

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In der Fachzeitschrift “Die Porzellan- und Glashandlung” hat auch Festersen zahlreiche Anzeigen anlässlich der Leipziger Messe geschaltet:

u.a. Heft 7 (14.2.1914, S. 181), Heft 8 (21.2.1914, S. 247), Heft 9 (28.2.1914, S. 315), Heft 32 (8.8.1914, S. 777) und Heft 33 (15.8.1914, S. 798).



1 Vgl. Breuer, Robert: Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst Dresden und München, S. 165-181 in Deutsche Kunst und Dekoration vom 24.1909

2 Tonindustrie-Zeitung 1914, S. 294 Künstlerische Hafnerware. „Von den ausgestellten Waren sind zu nennen: „Die schönen mit Schwämmchen und Gießbüchse verzierten, zum Teil auch lüstrierten Gefäße der Kunsttöpferei Festersen (Berlin), ...“

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